Hey Leute,
Ich bin seit 5 Monaten in Cocha und da schon viele über das Projekt berichtet haben, erzähle ich jetzt mal etwas ganz anderes zu dieser Stadt. Der Verkher:
Der absolute WAHNSINN! Mit Worten schwer zu beschreiben, aber ich
habe auch noch keine Fotos gemacht. Die Hauptbewegungsmöglichkeit bieten
hier die Trufis. Das sind Taxis, die immer dieselbe Route abfahren. Man
kann einsteigen wo man will und auch aussteigen wo man will. Manchmal
hat man Glück und nach nicht mal einer Minute warten kommen drei Trufis
derselben Nummer an. Manchmal darf man auch eine Viertelstunde warten,
um festzustellen, dass das Trufi komplett überfüllt ist und auch auf dem
Boden absolut kein Platz mehr für einen ist. Dann heißt es wieder
geduldig warten, bis das nächste überfüllte Trufi ankommt. Mit dem
geduldiger-werden im Verkehr habe ich ja seit meinem Flug schon die
ersten Erfahrungen gemacht. Von daher sehe ich es mittlerweile mit
Humor, wenn der Fahrer genervt an mir vorbeifährt und die typische
Handbewegung macht, dass keiner mehr hineinpasst.
Dann die Situation drinnen im Trufi: Man kann es sich nicht
vorstellen, wie viele Leute dann doch in einen Kombi oder kleinen VW-Bus
reinpassen. Stellt euch vor ihr sitzt im Bus auf einem zweier-Sitz.
Hier ist es möglich sich zu dritt daraufzuquetschen, wenn alle dünn
sind, sogar zu viert. Neben dem Fahrer liegt meistens noch eine Decke,
sodass auf einen Beifahrersitz auch zwei Leute passen. Also alles sehr
gequetscht, aber irgendwie cool. Hier herrschen absolut keine
Berührungsängste.
Sobald man also drinsitzt (bzw. schon dann wenn die Tür geschlossen
wurde) geht die Fahrt los – und zwar mit Vollgas. (Kleines Anetkdötchen
am Rande: Als wir von der Cancha zurückfuhren, war das
Trufi schon recht voll. Es gab aber noch ausklappbare Sitze vor mir,
die (selbst für meine relativ kurzen Beine) recht knapp bemessen waren.
Die Frau, die dann einstieg, klappte in Hektik diesen Sitz runter und
der rummste ihn voll auf mein Knie. Ja – eine nette Frau, der blaue
Fleck erinnert mich immer noch Tag täglich an die schöne Begegnung
). Ab durch die Stadt mit 80 km/h. Keiner ist angeschnallt und ob von
rechts oder von links überholt wird, ist völlig egal. Hauptsache
überholen lautet hier die Devise. Und hauptsache immer Vollgas geben,
sonst würden ja die Bremsen nicht benutzt…
In einem Kreisel lautet nicht die Regel draußen warten, sondern alle, die reinfahren haben Vorfahrt.
In kleinen Seitenstraßen wird einfach vor einer Kreuzung laut gehupt,
sodass jeder weiß, aha es kommt Jemand. Aber selbst wenn man ein zweites
Auto hupen gehört hat, dann wird einfach weiter Gas gegeben. Der Andere
muss halt bremsen. Einmal kam es bei einem Trufi, in dem ich saß, schon
zu einem fast-Zusammenstoß in eben dieser Situation. Aber keine Panik!
Es wird noch lauter gehupt, die Fahrer schimpfen sich ein bisschen an,
fahren Ausweichmanöver und gut is. Keiner der Insassen verzieht auch nur
eine Miene – ähm abgesehen von mir
Nachts fahren die Autos chaotischer denn je. Manche ohne Licht. Andere über rote Ampeln. Komplett ohne Rücksicht auf Verluste.
Ich muss sagen, dass ich mich erstaunlicherweise in den Trufis trotzdem
sehr sicher fühle. In Deutschland wäre es undenkbar, aber hier sind
einfach alle Fahrer auf die Verkehrssituation eingestellt und reagieren
schnell. Wahrscheinlich muss mich erst ein Unfall eines Besseren
belehren. Aber ich hätte gerade hier gedacht, dass viel mehr passiert.
Einen beinahe-Unfall habe ich gesehen, und der war (obwohl nichts
passiert ist) total krass und unschön: In einem voll befahrenen Kreisel
ist einem Motorradfahrer das Motorrad weggerutscht. Er hatte vorne ein
Kind sitzen, das wie verrückt zu weinen angefangen hat. Der Verkehr
staute sich hinter ihm auf und es wurde wie verrückt gehupt und trotzdem
an ihm vorbeigefahren. Es war sau gefährlich für ihn und sein Kind.
Beide hatten keinen Helm. Jemand rannte mitten in den Kreisel und half
ihm sein Motorrad wieder aufzustellen und dann ging‘s weiter. Mit
weinendem Kind vorne ist er einfach weitergefahren als wäre nichts
gewesen…
Andere etwas lustigere Bilder habe ich leider nur im Kopf und nicht
wirklich machen können: Ein Pkw, der sieben riiiiesengroße Koffer auf
dem Dach hatte. Er war inklusive Koffer so hoch, wie der LKW, der
kurzzeitig neben ihm fuhr. Der Oberste Koffer schien nicht besonders gut
festgemacht zu sein und hatte gewaltigen Rechtsdrall. Man konnte quasi
sehen, wie der Fahrer immer gegenlenken musste. Und ein anderes Mal
hatte ein Transporter auf seiner Ladefläche hinten einfach mal eine
Kapelle geladen, die munter spielte. Trompeten, Posaune, Hörner. Und
alle waren gut gelaunt und beschallten den Verkehr noch mehr. Ihr müsst
bedenken, dass ich noch nicht mal zwei Wochen hier bin (und die letzten
drei Tage aufgrund von Magen-Darm nicht am Straßenverkehr teilgenommen
habe). Was ich in dieser Zeit schon alles erlebt habe, ist echt
wahnsinnig. Jedes Mal aus dem Haus gehen wird für mich zu einem kleinen
Abenteuer.
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